Stolpersteine erinnern an Adele und Dr. Emil Kronenberg

Dr. Emil Kronenberg. Quelle: Stadtarchiv Solingen

„Die Menschen, deren Familien unter der Naziherrschaft auseinander gerissen und zu Nummern degradiert wurden, werden an ihrem letzten frei gewählten Wohnsitz wieder zusammengeführt und bekommen ihre Namen zurück. Das ist der wesentliche Kern der Arbeit Gunter Demnigs, dass sie ihren Namen und ihre Würde zurückerhalten“, betonte Ulrich G. Müller anlässlich der Verlegung der Stolpersteine für Adele und Emil Kronenberg. Der Fraktionsvorsitzende der Solinger FDP wies in seiner Ansprache auf die Verdienste des Mediziners hin, der sich nach seiner Rückkehr aus dem Ghetto Theresienstadt sofort in der neu gegründeten Partei der Freien Demokraten engagierte und sich für den Wiederaufbau einer freien und sozialen Gesellschaft in seiner Heimatstadt einsetzte. Besonders beeindruckte Müller, dass Kronenberg Rachegedanken immer von sich wies. „Ich halte es für verhängnisvoll, wenn Hass und Rachsucht eine maßgebliche Rolle spielen, weil man damit niemals zu einer Verständigung kommt“, äußerte Kronenberg in einem Entnazifizierungsverfahren.

„Stolpersteine erinnern an Adele und Dr. Emil Kronenberg“ weiterlesen

Weiße-Rose-AG putzt Ohligser Stolpersteine

Die „kleine“ Weiße-Rose-AG putzt Stolpersteine in Ohligs. Foto: Laura Schürmanns

Die „kleine“ Weiße-Rose-AG der Siebstklässler der Geschwister-Scholl-Schule putzte am 16. Januar in der Ohligser Fußgängerzone unter der Leitung von Laura Schürmanns Stolpersteine.

An der Düsseldofer Straße – seit jeher Zentrum des Einzelhandels in Ohligs – betrieben zahlreiche jüdische Händler ihre Geschäfte. Traditionell waren sie stark im Textilhandel vertreten, aber auch ein Schuhgeschäft und ein Warenhaus waren darunter. Die meisten Inhaber mussten ihre Geschäfte 1938 im Zuge der „Arisierung“ zwangsweise aufgeben und mit Verlust veräußern. Oft gelang den Kindern noch die Auswanderung, während die Eltern keine Chance mehr auf Visa für eine legale Emigration hatten.

Stolperstein für Paul Steeg. Foto: Laura Schürmanns

Paul Steeg, dessen Warenhaus von seiner Tochter Grete und Schwiegersohn Walter Wertheim Anfang der 1930er Jahre übernommen worden war, vertrieb man in der Pogromnacht aus der eigenen Wohnung. Der stellvertretende Vorsteher der jüdischen Gemeinde Solingen floh mit seiner Frau Emma nach Köln, wo er zwei Tage später im jüdischen Krankenhaus verstarb. Seine Familie wanderte in die USA aus.

Der Schuhhändler Abraham Rosenbaum wurde im Oktober 1938 nach Polen abgeschoben, da er als polnischer Staatsbürger galt. Von dort gelang ihm noch einmal die Flucht nach Belgien, aber im November 1943 wurde er zusammen mit Tochter Lia von Paris nach Auschwitz deportiert und ermordet. Das gleiche Schicksal ereilte Karl Wallach, der ebenfalls nach Belgien geflohen war.

Julie Coopmann, Simon und Henriette Meyerhoff wurden im Oktober 1941 von Köln ins Ghetto von Lodz deportiert und ermordet.

Geschäft der Familie Davids. Quelle: Stadtarchiv Solingen

Der Handlungsgehilfe Georg Davids zog Ende 1899 aus Benrath nach Ohligs. 1903 wurde im Adressbuch erstmals das Herrengarderobengeschäft „Gebrüder Davids“ an der Düsseldorfer Straße aufgeführt.

Das Ehepaar Georg und Jenny Davids hatte zwei Kinder: Sohn Walter (* 14. Juni 1904) und Tochter Hilde (* 4. Februar 1906). Walter wurde 1935 Teilhaber des Geschäfts seiner Eltern. 1937 heiratete Walter die in Meinigen geborene Gerda Stein. Hilde heiratete in Frankfurt am Main Karl Eichenberg.

Am 28. Januar 1938 wurde die Firma Davids „arisiert“, das heißt an einen nichtjüdischen Besitzer zwangsübertragen. Die Artmeier HG aus Solingen führte das Geschäft als Filiale weiter.

Georg und Walter Davids meldeten beide am 4. März 1938 ein Gewerbe als Handelsvertreter für Textilwaren an, das sie jedoch kurze Zeit später wieder aufgaben. Am 31. März 1938 zogen die Ehepaare nach Köln. Sowohl Vater als auch Sohn zahlten „Reichsfluchtsteuer“, hatten also die Absicht zu emigrieren. Georg und Jenny Davids gelang dies jedoch nicht mehr. Im Januar 1943 wurden sie von Berlin nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Walter und Gerda Davids konnten ebenso wie Hilde und Karl Eichenberg im Oktober 1938 in die USA emigrieren und überlebten.

Einladung zur Stolpersteinverlegung für das Ehepaar Kronenberg

Der Unterstützerkreis Stolpersteine und die Solinger FDP laden am Donnerstag, 17. Januar um 13 Uhr zur Verlegung der Stolpersteine für Adele und Emil Kronenberg an der Katternberger Str. 24 ein.

Das Schild erinnert am Eingang zur Stadtbibliothek und der Bergischen VHS an den Mitgründer der beiden Einrichtungen.

Die FDP Solingen hat die beiden Stolpersteine gesponsert. Der Solinger Arzt und liberale Politiker Dr. Emil Kronenberg hatte sich zeitlebens für die Demokratie und die Bildung in Solingen eingesetzt. Er war Mitbegründer der Solinger Stadtbücherei. Außerdem faszinierte ihn das dänische Modell der Volkshochschulen, in denen jeder etwas lernen konnte. Es gelang ihm, eine solche auch in Solingen zu etablieren. Beide Einrichtungen gibt es bis heute. Sie sind ein Beispiel für sein nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement.

Während der „Reichspogromnacht“ wurde die Wohnung des Ehepaars demoliert. Emil Kronenberg verlor er seine Stelle am Bethesda-Krankenhaus, musste seinen Beruf aufgeben und wurde gezwungen den Judenstern zu tragen. Sein Vermögen wurde unter Zwangsverwaltung gestellt. Am 17.September 1944 sollte er sich bei der Gestapo in Solingen melden und wurde nach Theresienstadt deportiert. Seine Frau Adele war bereits am 22. Oktober 1943 einem Herzinfarkt erlegen, der vermutlich auf die nervliche Belastung zurückzuführen war.

Nach seiner Rückkehr aus dem Konzentrationslager trat er der neugegründeten FDP bei und gehörte bis 1949 dem Vorstand des Kreisverbandes an. Am 31. März 1954 verstarb Kronenberg in Solingen.