Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung am 30. Januar 1933 begann unmittelbar die Ausschaltung der politischen Gegner auf nationaler wie lokaler Ebene. Während bürgerliche Organisationen zum Teil mitmachten oder zumindest geduldet wurden, wurde die Arbeiterbewegung massiv verfolgt, die ersten Konzentrationslager entstanden, häufig mitten in Wohngebieten.
Wie sich diese Konstellation auf die Entwicklung von Widerstand und Verfolgung in Solingen auswirkte, erläutert der Solinger Historiker Dr. Horst Sassin in seinem Vortrag.
Donnerstag, 21. November 2019, 18:30 Uhr Forum/Raum 322 der Berg. VHS, Mummstr. 10, 42651 Solingen
Anders als in den letzten Jahren fand das Gedenken an die Novemberpogrome aufgrund des Shabbat erst am Abend des 9. November statt. Am Bunker auf dem Schulhof des Gymnasiums Schwertstraße versammelten sich gegen 18:30 Uhr etwa 100 Solinger Bürgerinnen und Bürger, um an die Gewaltexzesse in der Nacht vom 9. auf den 10. November zu erinnern, als in Solingen wie in ganz Deutschland die Synagogen brannten, Geschäfte und Wohnungen jüdischer Nachbarn zerstört und geplündert wurden, ihre Inhaber und Bewohner bedroht, misshandelt und auch ermordet wurden.
Leonid Goldberg fiel es als Vorsitzendem der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal sichtlich schwer, Jahr für Jahr aufs Neue antisemitische Vorfälle aus dem vergangenen Jahr aufzuzählen. Es sei Zeit zu Handeln und nicht mehr nur Besorgnis auszudrücken. Wenn Juden angegriffen werden, müsse sich die Gesellschaft schützend vor sie stellen. Ebenso mahnte er deutlichere Urteile der Justiz zu antisemitischen Vorfällen an. Diese dürften nicht weiter verharmlost und relativiert werden.
Oberbürgermeister Tim Kurzbach rief dazu auf, angesichts zunehmender Hetze und Spalterei aktiv auf andere zuzugehen, einen Bekanntenkreis aufzubauen, der auch scheinbar fremde Nachbarn einschließt, den Dialog zu suchen und sich dabei bewusst aus der eigenen Komfortzone heraus zu bewegen.
Stadtdechant Michael Mohr erinnerte im Namen des Arbeitskreises Christlicher Kirchen an das Gebot der Nächstenliebe. Auch er mahnte mehr Zivilcourage und aktives Handeln an. „Da ist noch Luft nach oben, auch bei mir“, gestand der katholische Pfarrer.
Finn Grimsehl-Schmitz sprach für den Jugendstadtrat und forderte eine stärkere politische Bildung, die gegen faschistische Strömungen wappne. Es reiche nicht, mit dem Finger auf Jugendliche zu zeigen, die offen für nationalistische und antidemokratische Ideologien sind. Hier müsse man sich fragen, ob die Schule hinreichend Vorbild sei, sich dem zu widersetzen.
Bevor die Besucher mit Kerzen durch den benachbarten Maltesergrund zum Haus der Jugend zogen, sprach Rabbiner David Vinitz ein Gebet für die in der Shoah ermordeten Jüdinnen und Juden.
Hier fand im Anschluss die Jugendveranstaltung „together we shine“ statt. Bereits im Park sang der Chor Voices der Friedrich-Albert-Lange-Schule, der auch das von Sinja Waldmann moderierte Programm der Jugendlichen gegen 20 Uhr eröffnete. Mit Musik von Boum, Notyzz und Belakongo, Theaterszenen des Projekts „Nicht in meinem Namen!“ und Poetry-Slam-Beiträgen von Mitgliedern des Jugendstadtrats wurde sowohl an die Opfer des Nationalsozialismus gedacht, sowie ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt gesetzt. Daniela Tobias vom Unterstützerkreis Stolpersteine las aus den Erinnerungen von Bella Taback, die als Siebenjährige den brutalen nächtlichen Überfall auf ihre Familie in Solingen während der Pogromnacht erlebte.
Die Teilnehmer der beiden Veranstaltungen konnten Kerzen und Adress-Zettel mitnehmen, um sich an der Aktion „Ein Licht für Stolpersteine“ zu beteiligen.
Eine Podiumsdiskussion unter der Moderation der Philosophin Dr. Uta D. Rose, mit Dr. Ilka Werner (Superintendentin Ev. Kirchenkreis Solingen), Irina Agyeman (Rent-a-Jew) und Dr. Horst Sassin (Historiker)
Was ist Antisemitismus? Erkennen Sie Antisemitismus im Alltag? Wissen Sie, wie Sie reagieren könnten?
Antisemitismus hat zugenommen, in Quantität und Qualität. Er kommt aus allen Bereichen, von rechts, aus der Mitte, es gibt den muslimischen Antisemitismus. Die einen klagen über die „Keule“ des Antisemitismus-Vorwurfs, andere meinen, es fehle ein grundlegendes Verständnis davon, was Antisemitismus eigentlich meint.
Was also ist Antisemitismus?
Wo fängt er an, wo hört er auf?
Was weiß ich darüber?
Was weiß ich von jüdischem Leben in Deutschland?
Die Veranstaltung bietet Gelegenheit, Fragen zu stellen, Informationen zu geben und zu erhalten, von eigenen Erfahrungen zu berichten und Handlungsansätze zu diskutieren.
Die Gäste auf dem Podium möchten mit Ihnen ins Gespräch kommen:
Dr. Ilka Werner, Superintendentin Ev. Kirchenkreis Solingen