Weiße-Rose-AG putzt Stolpersteine

Mit Zahnbürsten, Schwämmen und Metallreiniger ausgestattet, machte sich die Weiße-Rose-AG der Geschwister-Scholl-Schule am Montag, den 2. November 2020 auf den Weg, um den Stolpersteinen in Solingen zu neuem Glanz zu verhelfen.

Die Schülerinnen und Schüler teilten sich auf. Die eine Hälfte zog von der Merkurstraße 34, wo sie sich um den Stolperstein von Wilhelm Steeg, der für seine Kritik gegenüber dem nationalsozialistischen Regime zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, kümmerten, weiter in die Ohligser Fußgängerzone.

Foto: Weiße-Rose-AG

Die anderen Mitglieder machten sich derweil auf den Weg, um den Stolperstein von Oskar Strauß, der in der Kiefernstraße 6 zuhause war, 1938 Opfer des Pogroms und in Schutzhaft genommen wurde. 1939 sah er als letzten Ausweg vor den Repressalien der Nationalsozialisten den Freitod. Anschließend trafen sie sich mit den anderen Schülerinnen und Schülern auf der Düsseldorfer Straße.

Hier finden sich vor allem Stolpersteine für jüdische Opfer, die vor 1933 in Ohligs als Geschäftsleute tätig waren und in der Innenstadt ihre Waren anboten. Da wäre zum Beispiel Paul Steeg, dessen Warenhaus von seiner Tochter Grete und Schwiegersohn Walter Wertheim Anfang der 1930er Jahre übernommen worden war. Er wurde in der Pogromnacht aus der eigenen Wohnung vertrieben und starb am folgenden Tag im Israelitischen Asyl in Köln.

Der Schuhhändler Abraham Rosenbaum wurde im Oktober 1938 nach Polen abgeschoben. Von dort gelang ihm die Flucht nach Belgien, aber im November 1943 wurde er zusammen mit Tochter Lia von Paris nach Auschwitz deportiert und ermordet. Das gleiche Schicksal ereilte Karl Wallach, der ebenfalls nach Belgien geflohen war.

Julie CoopmannSimon und Henriette Meyerhoff wurden im Oktober 1941 von Köln ins Ghetto von Lodz deportiert und ermordet.

Für Jenny und Georg Davids hatte die Weiße-Rose-AG 2004 die Patenschaft übernommen. Ihr Herrenkonfektionsgeschäft wurde 1938 „arisiert“. Das Ehepaar wurde 1942 von Köln nach Ausschwitz deportiert und ermordet.

Während der Aktion kamen die Schülerinnen und Schüler mit den Passanten ins Gespräch. Einige blieben stehen und fanden gut, dass sich jemand um den Glanz der Mahnmale zur Erinnerung kümmert.

Auch die Weiße-Rose-AG war mit ihrer Arbeit sehr zufrieden und freute sich, dass die Stolpersteine nun wieder gut lesbar an die Schicksale der Opfer des nationalsozialistischen Regimes erinnern.

Stolperstein-Podcast des Humboldtgymnasiums

Im evangelischen Religions-Unterricht der Klassen 9 a und c haben sich Schüler*innen des Humboldtgymnasiums vor den Herbstferien mit den drei Stolpersteinen beschäftigt, für die die Schule eine Patenschaft übernommen hat. Daraus ist mit der professionellen Hilfe von Niklas Schenk, Journalist und WDR-Reporter, ein spannender Podcast entstanden, der den Biographien von Helene Krebs, Hildegard Rubens und Ernst Wittke nachgeht und sich mit der Idee hinter den Stolpersteinen beschäftigt.

Gedenken an Novemberpogrom in Corona-Zeiten

Das jährliche Gedenken an die Novemberpogrome von 1938 kann in diesem Jahr aufgrund der hohen Infektionszahlen mit Covid-19 leider nicht wie gewohnt stattfinden.

Die Stadt teilte mit, dass die Veranstaltung am ehemaligen Standort der Synagoge unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten wird, die Redebeiträge von Oberbürgermeister Tim Kurzbach, Superintendentin Dr. Ilka Werner (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen), Leonid Goldberg (Jüdische Kultusgemeinde) und Finn Grimsehl-Schmitz (Jugendstadtrat) jedoch ab 13.30 Uhr gestreamt werden. Der Link findet sich am 9. November auf der Webseite solingen.de

Der Verein Max-Leven-Zentrum Solingen e.V. wird in seiner Serie #closedbutopen einen Beitrag zu den Novemberpogromen veröffentlichen, der die Ereignisse in Solingen beleuchtet, den Aufbruch der Täter gegen Mitternacht, die Brandstiftung und Zerstörung der Synagoge, die gewalttätigen Überfälle auf jüdische Geschäfte und Wohnungen und schließlich den Mord an Max Leven und die Deportation von elf jüdischen Männern ins Konzentrationslager Dachau.

Die Tatorte des Novemberpogroms können anhand eines virtuellen Stadtrundgangs nachverfolgt werden. Private Rundgänge sind im Rahmen der Coronaschutzverordnung familienweise möglich.

Am Abend des 9. November sind außerdem wieder alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, an den Solinger Stolpersteinen Kerzen aufzustellen und der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.

Ein Licht für Helene Adams. Foto: Berit Franz

Die Vereinten Nationen und das Museum Zentrum für verfolgte Künste Solingen zeigen zum weltweiten Gedenken an die Novemberpogrome von 1938 die mehrsprachige Online-Ausstellung „7 places – Sieben Orte in Deutschland“ in diesem 75. Jahr nach dem Ende des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs sowie der Gründung der Vereinten Nationen. Solingen ist einer der sieben Orte, deren jüdische Geschichte und Umgang mit dem Gedenken auf einem Zeitstrahl anhand von historischen Fotografien, authentischen Kunstwerken, Dokumenten und Zeitzeugnissen präsentiert werden.

Die Eröffnung findet am Montag, 9. November 2020, ab 17:00 MEZ auf der Website www.seven-places.org statt.