Am 6. Februar 2018 wurde der Start des Schulprojekts „Stolpersteine putzen“ offiziell bekannt gegeben. Zum Fototermin für die Presse waren Schüler der „Weiße-Rose-AG“ der Geschwister-Scholl-Schule gekommen, um den Stolperstein des ehemaligen Solinger Oberbürgermeisters Albert Müller zu polieren, der 1951 an den Folgen der Misshandlungen während der NS-Zeit verstorben war.
Schicksalen wie diesen werden Jugendliche von elf Solinger Schulen im Laufe des Jahres begegnen, wenn sie nicht nur die Namen auf den Steinen wieder lesbar machen, sondern auch die Geschichten dahinter recherchieren. Gruppen wie die Weiße-Rose-AG oder Antirassismus-AGs werden sich ebenso beteiligen wie ganze Jahrgangsstufen zum Beispiel an der Friedrich-Albert-Lange-Schule. „Wir haben das Thema in den Lehrplan der 9. Klasse in Gesellschaftslehre aufgenommen“, erklärt Lehrerin Ingrid Hering.
Welche Möglichkeiten das Solinger Stadtarchiv zur Recherche bietet, hatte dessen Leiter Ralf Rogge den interessierten Lehrerinnen und Lehrern im September 2017 erläutert. „Es ist in erster Linie Medienkunde, denn die Biographien zu den Stolpersteinen liegen ja bereits vor. Die Schüler erfahren bei uns, aus welchen Quellen die ganzen Informationen stammen. Interessant ist oft auch unser großes Bildarchiv, um sich Solingen zu dieser Zeit besser vorstellen zu können.“
Oberbürgermeister Tim Kurzbach hat gerne die Schirmherrschaft über das Projekt übernommen. „Wir haben schon lange überlegt, wie man Schüler intensiver einbinden kann, um die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus, aber auch an die Opfer wachzuhalten. Stolpersteine stellen eine emotionale Nähe her.“
Hans-Günter Koch vom Unterstützerkreis Stolpertsteine ist auch wichtig den Bogen in die heutige Zeit zu schlagen. „Es ist leider nicht mehr unvorstellbar, dass sich solche Dinge wieder entwickeln, wenn wir unsere Demokratie nicht aktiv verteidigen.“ Wie sehr die NS-Zeit auch heute noch in den betroffenen Familien nachwirkt, weiß er durch seine Beschäftigung mit den Kindern der Widerstandskämpfer, deren Geschichten er in Buchform mitherausgebracht hat.
Für Patrick Kiesecker, der die Weiße-Rose-AG an der Geschwister-Scholl-Schule leitet, ist es wichtig, die richtige Balance zu finden. „Es gab Zeiten, da wurden die Schüler überfrachtet und haben irgendwann auf Durchzug geschaltet. Ich glaube, das Thema ist inzwischen angemessen in den Unterricht integriert und wird durch Projekte ergänzt, wo sich die Jugendlichen auch ohne Notendruck damit auseinandersetzen können.“
Für Birgit Karrenbauer-Mayerhofer ist die Beschäftigung mit den dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte nochmal eine ganz eigene Herausforderung, denn viele ihrer Schülerinnen und Schüler an der Hauptschule Central haben einen Migrationshintergrund und keinen direkten Bezug über die eigene Familiengeschichte. Trotzdem war ihre „Weltrettungs-AG“ sofort dabei. „Den Namen der AG haben die Jugendlichen selber gewählt. Wir beschäftigen uns mit ganz unterschiedlichen Themen wie Klimaschutz oder Homosexualität – was den Schülern eben gerade unter den Nägeln brennt.“
Am 20. Februar im Vorfeld des Weiße-Rose-Tags wird nun die Geschwister-Scholl-Schule die Ohligser Stolpersteine putzen, am 22. Februar die Friedrich-Albert-Lange-Schule in Wald. Weitere Schulen wollen sich rund um den 8. Mai oder am UNESCO-Tag im Juli auf den Weg machen. Wir werden hier über alle Einsätze berichten.
Schulen, die bisher noch nicht an Bord sind, können natürlich jederzeit mitmachen. Bitte einfach eine E-Mail an info@stolpersteine-solingen.de schicken. Aktuell nehmen folgende Schulen Teil: Gesamtschule Höhscheid, Hauptschule Central, Technisches Berufskolleg, Mildred-Scheel-Berufskolleg, Humboldtgymnasium, August-Dicke-Schule, Alexander-Coppel-Gesamtschule, Gymnasium Schwertstraße, Theodor-Heuss-Schule, Friedrich-Albert-Lange-Schule und Geschwister-Scholl-Schule.
Presse:
- Das Solinger Tageblatt berichtete am 7. Februar 2018: „Schüler polieren Stolpersteine im Stadtgebiet“
- Das SolingenMagazin berichtete am 7. Februar 2018: „Stolpersteine schrubben und die Erinnerung aufpolieren“