Stolpersteinverlegung für Familie Feist

Die ursprünglich für 2020 geplante Verlegung von acht Stolpersteinen für die Familie Feist musste leider mehrfach aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden, da eine Anreise der Nachfahren aus dem Ausland nicht möglich war. Nun hat sich mit dem 150. Jahrestag der Einweihung der Solinger Synagoge ein feierlicher Anlass ergeben. Die Angehörigen werden zum Festakt am 12. März 2022 aus Deutschland, Portugal und den USA kommen.

Am Sonntag, 13. März 2022 um 10 Uhr werden zunächst vier Steine für Siegfried, Emilie, Paul und Hilde Feist an der Katternberger Straße 37 verlegt, anschließend für Alfred, Rosa, Heinz und Maria Matilda Feist an der Kölner Straße 18.

Die Brüder Siegfried, Alfred und Julius Feist führten die in den 1870er Jahren gegründete Stahlwarenfirma ihres Vaters Joseph Feist am Dickenbusch fort. Vom Handel mit Klempnerbedarf hatte sich das Geschäftsfeld mit der Zeit auf die Produktion und den Handel von Schneidwaren verlagert. Die Firma exportierte nicht nur in europäische Länder, sondern auch nach Nord- und Südamerika. Die Familie gehörte dem liberalen Solinger Bürgertum an, engagierte sich in Vereinen und Institutionen.

Alfred Feist war es wichtig, dass sein Sohn Heinz nicht nur kaufmännisches Wissen erwarb, sondern auch das Handwerk bei einem Reider lernte. Wie sein Cousin Paul reiste Heinz Feist nach der Ausbildung als Vertreter für das Familienunternehmen durch die ganze Welt.

Familienfoto der Feists. Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS 20693

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten konnte sich die Firma Joseph Feist im Exporthandel zwar weitgehend behaupten, da sie von Boykottmaßnahmen nur wenig betroffen war. Die Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben traf die Familienmitglieder in Solingen jedoch wie alle anderen Jüdinnen und Juden. Selbst die portugiesische Ehefrau von Heinz Feist konnte, obwohl sie Katholikin war, nicht mehr ins Kino oder ins Schwimmbad gehen.

1937 zogen Heinz und Maria Matilda Feist nach Portugal. Heinz‘ Eltern Alfred und Rosel Feist fassten erst nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 den Entschluss, Deutschland zu verlassen. Ihre Wohnung war überfallen und verwüstet worden, Alfred Feist saß drei Tage im Polizeigefängnis. Die Firma verkauften sie an ehemalige Mitarbeiter, in der Hoffnung, später wieder in das Geschäft einsteigen zu können.

Alfred und Rosel Feist hatten über ihre Schwiegertochter ein Visum für Portugal erhalten. Fast ihr gesamtes Vermögen wurde vor der Ausreise vom Deutschen Reich über die sogenannte „Reichsfluchtsteuer“ eingezogen. Die Familie von Siegfried Feist blieb zunächst in Solingen und regelte die Auflösung der Firma und den Verkauf des Grundbesitzes. Siegfried Feist war seit 1919 Vorsitzender der Synagogengemeinde gewesen und blieb auch nach der zwangsweisen Degradierung der Gemeinde zu einem Verein im Vorstand. 1939 zog er vom Familiensitz an der Kölner Straße zur Katternberger Straße.

Anfang 1940 flohen Siegfried und Emilie Feist nach Antwerpen. Eigentlich wollten sie von dort weiter in die USA zu ihrem Sohn Paul und Schwiegertochter Hilde emigirieren, die bereits vor der Pogromnacht Deutschland verlassen hatten. Doch die Gestapo leitete ein Verfahren zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft ein, und so fehlten die nötigen Reisepapiere. Siegfried Feist starb am 30. Dezember 1943 in Antwerpen. Seine Frau überlebte und konnte nach dem Krieg zu ihrem Sohn in die USA auswandern.

Heinz Feist gründete in Portugal einen Spielwarengroßhandel. Sein ältester Sohn Pedro saß als Abgeordneter im portugiesischen Parlament und kandidierte für das Bürgermeisteramt von Lissabon.

Quellen:
– Solinger Geschichtswerkstatt – Manfred Krause (Hrsg.): „…dass ich die Stätte des Glückes vor meinem Tode verlassen müsste“ – Beiträge zur Geschichte jüdischen Lebens in Solingen, Leverkusen 2000, S. 336 ff
– Kulke, Willi: „Wir waren eine angesehene Familie“, Die Geschichte der Familie Feist in Solingen von 1847-1994, Solingen 1996