Am 29. Mai und am 5. Juni 2018 machte sich die Weltrettungs-AG der Hauptschule Central auf den Weg, um in Gräfrath, am Schlagbaum und an der Hasseldelle Stolpersteine zu putzen. In der von Birgit Karrenbauer-Mayerhofer geleiteten Gruppe beschäftigen sich die Jugendlichen mit verschiedenen Themen, die ihnen besonders am Herzen liegen. So nahmen sie bereits an der Nachhaltigkeits-Konferenz der Stadt Solingen teil, um sich zu informieren, was man auf lokaler Ebene gegen den Klimawandel tun kann oder setzten sich mit dem Thema Homophobie auseinander.
Das Putzen der Stolpersteine war Ehrensache. Selbst in der größten Hitze ließen sie nicht nach, bis die dunkel angelaufenen Messingplatten wieder glänzten und alle Namen zu lesen waren. An einigen Stellen halfen auch freundliche Nachbarn mit speziellen Putzmitteln weiter. So weit wie die einzelnen Steine auseinander lagen, so unterschiedlich waren auch die Lebensläufe der Menschen, die während des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Der Stein für Jenny Stucke, geb. Gusyk, liegt an der Wuppertaler Str. 36 unweit der Kreuzung Central. Die in Litauen geborene Jüdin schrieb sich 1919 als eine der ersten Frauen an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln ein und schloss ihr Studium nach sieben Semestern mit Auszeichnung ab. Sie engagierte sich für feministische und sozialistische Ideen und heiratete in Berlin den Kommunisten Karl Stucke. Nachdem dieser verhaftet und 1940 ermordet wurde, tauchte sie mit ihrem Sohn unter. 1943 wurde Jenny Stucke denunziert und im Januar 1944 in Auschwitz ermordet. Ihr Sohn überlebte durch die Hilfe von Bekannten seines Vaters und wanderte nach dem Krieg zu seiner Tante in die USA aus. Seit 2009 vergibt die Uni Köln die Jenny Gusyk Preise für herausragende Abschlussarbeiten im Bereich Gender-/Queerstudies, für innovative Gleichstellungsmaßnahmen und für familienfreundliche Führungskräfte. Wilhelm Rosenbaum veröffentlichte 2003 eine Biographie.
Am weitesten von der Schule entfernt lag der Stein für Heinrich Benz in der Hofschaft Schrodtberg, hinter dem Rasspe-Areal. Benz wurde schon früh als Kommunist verfolgt und verbrachte mehrere Monate in Lagerhaft. Zurück in Solingen fand er wieder Arbeit, wurde aber 1943 von einem Kollegen denunziert, der Mitglied der SA war. Heinrich Benz wurde wegen angeblicher „Wehrkraftzersetzung“ zu einer Haftstrafe verurteilt, das Urteil jedoch von höherer Stelle kassiert und in eine Todesstrafe umgewandelt. Im Dezember 1944 wurde der Vater einer Tochter in Brandenburg an der Havel hingerichtet.
Außerdem putzten die Jugendlichen die Steine von Alex Uesseler, Emil Heyer, Fritz Wege, Josef Becker, Eva Friesem und Paula Strauss.